URANUS ACUM. URANUS NOW

Text about the 2019 exhibition at MNAC in cooperation with Zeppelin & Ideilagram

The new exhibition is ongoing now, July 2022

December 22, 1989 marked not only the fall of the Ceaușescu regime, but also the end of the megalomaniac communist project to demolish and then rebuild Romanian cities. Thirty years on, the collective memory of these destructions is fading away, while the aggression against the cities continues, even in an opposite paradigm – that of ultraliberal development.

Forgetting (sometimes voluntary) can intensify a revisionist discourse, which justifies those brutal demolitions by the need to “modernize”. The same discourse then programmatically applies to the destructions and excessive building we witness today.

Under these circumstances, we believe that neither nostalgic accounts, nor the display of archives and other records as such are no longer enough. Therefore, through the proposed project we intend to take a step forward towards a symbolic and analytical re-enactment of an erased urban reality.

     *Collage: Radu Manelici. Photo: Andrei Bîrsan, Ștefan Tuchilă

We concentrate the almost completely destroyed Uranus neighbourhood, the very place the occupied by Ceaușescu’s Palace (now the seat of the Parliament) and several other totalitarian buildings. But we also talk about the context, the general project and other brutal urban replacements, including recent ones in Bucharest.

*Ecoului Street in the 1980s. Photo: Andrei Bîrsan

The keyword is co-presence: overlaying today’s reality on the erased past reality. And this will be achieved not only for houses, churches, schools, streets and gardens, but also for people and their stories. Using 3D and physical models and installations, we aim to symbolically bring back to life the demolished buildings into today’s world.

The main goal of our project goes beyond remembering and honouring those who suffered, resisted or documented this tragedy: it is also about promoting a more balanced and responsible urban development for the present.

URANUS NOW is a project about the living history and the community spirit, about the sometimes invisible connections between periods of history that might appear radically different.

*Photo: Andrei Bîrsan

Text continues here / Read more about it here on the Zeppelin Platform

Das Haus an der Kiseleff – Chaussée – Bilder von früher

Sandu Sturza auf Besuch bei Oberst Radu Miclescu und dessen Frau Elsa, Ansicht vom Tennisplatz hinterm Haus

Über dieses Haus schrieb ich bereits – siehe Links unten – es wurde von einem der wichtigsten rumänischen Architekten, Ion Mincu, für den Maler G.D.Mirea entworfen. Dem letzteren ging das Geld aus, bevor der Bau beendet war. Er verkaufte das Haus, das sich in Bukarest auf der Kiseleff – Chaussée bei Nr. 33 auf einem Grundstück von 3’000m2 Fläche befindet, im Jahre 1900. (Ich weiss nicht genau, wie gross das Grundstück damals war, aber es ging weit nach hinten, bis auf die Delavrancea-Strasse. Dies ist heute nicht mehr der Fall)

 

Der Salon, 1900

Das Haus wurde vom Oberst Miclescu gekauft, ein Nachkomme einer alten adligen Familie aus der Moldau. Er baute es zu Ende und lebte hier mit seiner Mutter und seiner Frau Elsa.

Der Salon, 1900, Detail. Frau Mama

Die bedeutendsten Persönlichkeiten der Zwischenkriegszeit trafen sich hier, feierten elegante Bälle oder kamen jeden Donnerstag zum jour fixe. Ihre Namen – Cantacuzino, Brancoveanu, Sturdza, Carp, Baleanu, Bals, Greceanu, Odobescu – um nur einige zu nennen, sind heute fast aus der Welt verschwunden, es gibt sie noch in Geschichtsbüchern, als Namen der einstigen Fürsten der drei Rumänischen Länder. (Moldau, Walachei, Transylvanien)

Olga Carp

Wer erinnert sich heute noch an “Bâzu” Cantacuzino, einer der besten Flieger Rumäniens, der unter dem Triumphbogen durchflog? (Der Bukarester Triumphbogen ist ein Drittel der Grösse desjenigen in Paris – und passt somit in dessen Öffnung) Für diese waghalsige Tat wurde er aus dem Militär suspendiert, um aber sechs Monate später zurückgerufen zu werden, weil man auf ihn schlicht nicht verzichten konnte.

Sanda Ghika, George Miclescu, Yvonette Baleanu, Didi Greceanu, Dodoi Crisovelony

Finstere Jahre folgten. Ende der Vierzigerjahre besetzten die Kommunisten das Haus, dabei bemühten sie sich nicht einmal, es offiziell zu verstaatlichen.

Oberst Miclescu weigerte sich, das Haus lebend zu verlassen. Er hatte ein langes Leben und wohnte für weitere vierzig Jahre in einem Bad im Keller des Hauses, an dem er so gehangen hatte.

Dasselbe Fenster heute

1968 kam der französische Präsident Charles de Gaulle nach Bukarest. Kaum angekommen, holte er eine Liste hervor, mit Namen seiner ehemaligen Kommilitonen von der Militärschule St. Cyr und verlangte diese innert 24 Stunden zu treffen. Einige dieser Kommilitonen waren als politische Häftlinge im Zwangsarbeitslager Poarta Alba einquartiert worden (Donau-Schwarzmeer-Kanal), sie wurden geholt, anständig eingekleidet und nach Bukarest gebracht. Andere, wie Miclescu, zu einem offiziellen Empfang im Französischen Konsulat gebeten.

Der Oberst zog seine alte Uniform an, stieg die Treppe aus dem Keller in den Garten, indem er sich an einem Draht als Geländer hielt – und lief zum Empfang. Ohne eine Spur Demut zu zeigen, kletterte er danach wieder in sein Bad ins Untergeschoss hinab und lebte dort bis er über neunzig Jahre alt wurde.

Die Schwarz-Weiss-Fotos sind aus der Zeit 1930-1937. Die Farbfotos sind aktuell.

Der Hausherr

 

“Villa Miclescu”

 

Die Hausherrin

Das Fenster

Auf der Treppe

Elsa auf der Treppe

Am Ende der Treppe

Hier befand sich die Treppe..

 

Rechts war das Wohnzimmer mit der geschwungenen Treppe

Ein Winter in den ’70er Jahren

Das Fenster des Raumes, welcher Maler Mirea’s Atelier werden sollte

Die gesamte Bildergallerie mit meinen Fotos in Grossformat HIER

Meine früheren Artikel über dieses Haus:

Teil 1: Erste Begegnung

Teil 2: Update

 

 

Das Haus an der Kiseleff – Chaussée – Update

Unnatürlich ordentliche Zerstörungsspuren

Seit dem letzten Eintrag über dieses Haus habe ich ein wenig mehr über dessen Geschichte erfahren können.

Prof. Pippidi schrieb in der Zeitschrift Dilema Veche nr. 261 vom 18. Februar 2009:

Das Haus gehörte einst dem Maler G.D. Mirea (der wahrscheinlich für die Innenbemahlung zuständig war), später dem Oberst Radu Miclescu. Es befindet sich an der Kiseleffstrasse bei Nummer 33. Der frühere grosse Garten ist heute marode und wurde, wegen der Gier des Käufers, zum Bauland bestimmt. Über die ganze dauer des Prozesses um dieses Anwesen finden nachts Arbeiten statt, die den Verfall beschleunigen. (…)

Ich hatte vernommen dass der neue Kulturminister in einem der ersten Interviews, in dem er seine Absichten erklärte, dieses Haus erwähnt hat. Dazumal hatte ich erfahren dass ofizielle Schritte für die Enteignung des Besitzers getroffen wurden. Seitdem ist lange Zeit vergangen und die Zerstörung geht weiter.

Die Fotos zeigen brutal was der Passant von der Strasse aus bloss flüchtig erblickt: das aufgeschlitzte Dach, die zertrümmerten Scheiben, die zerrütteten Gewölbe. Das Haus hatte einen Wintergarten (wie hätte er wohl gefehlt? Ein charakteristisches Element der Architektur der Zeit um 1900, dort begegneten sich die Figuren des Oscar Wilde), ein Treibhaus mit gläsernen Wänden, jetzt zertrümmert. Von allen Seiten hat eine wahnsinnige Vegetation das Haus umzingelt, jetzt schleicht sie hinein. Im Keller gab es zu Lebzeiten des alten Oberst bereits Pilze. Der Elan mit welchem sich das wilde Leben hineinwirft kann nicht beherrscht werden.

Die damaligen Besitzer, Familie Miclescu, waren genötigt gewesen, ihren gesamten Besitz ab 1948 aufzugeben, da sie als Grossgrundbesitzer verfolgt und inhaftiert wurden.

Eingerissene Decke, die Balken sind nicht morsch

Das Haus wurde nie verstaatlicht, es wurde besetzt. Trotzdem musste der rechtmässige Besitzer einen Prozess beginnen, um es zurückzugewinnen. Er verlor in den ersten zwei Instanzen. Als er abermals rekurieren wollte, erklärte man ihm, dass er aufgrund einer Gesetzesänderung unter Präsident Iliescu Risiko läuft, alles zu verlieren. Daher sah er sich gezwungen das Streitobjekt, zusammen mit einem anderen Grundstück, einem plötzlich aufgetauchten Käufer für weniger als ein Zehntel des Hauswertes zu verkaufen. Dies erfolgte zwischen 1994-1996.

Das Haus trug nach dem Erdbeben 1977 einige Schäden und wurde nie mehr richtig repariert. Im Keller wurden einige zusätzliche Stützen angebracht.

Neue Fotos mit dem aktuellen Zustand hier

Mehr Fotos sind auf diesem Blog bei Pictures zu finden

Weitere Artikel über dieses Haus:

Teil 1: Erste Begegnung

Teil 3: Bilder von früher

Ein verrückter Bau in einer entgleisten Stadt

Dorobanti Tower, Render © Zaha Hadid Architects

Das Haus des Volkes mit seiner Rekordfläche schien uns Bukarestern nicht zu genügen, jetzt brauchen wir auch noch eine vertikale Dominante… In einer von Erdbeben regelmässig gerüttelten Stadt, in der sich der Asphalt und die zahlreichen Betonstrukturen im Sommer regelmässig auf über 60°C erhitzen und, wegen der Wärmespeicherfunktion dieser, die Höchsttemperatur erst Abends um sieben Uhr stattfindet, in einer Stadt, welche auf sandig-lehmigem Boden an einem Fluss, den man kaum noch erkennen kann, gebaut wurde – würde man einen Glasturm bauen, dessen Fenster dauernd von heruntergezogenen Storen versperrt werden und dessen Klimatisierung den Jahresausstoss eines gesmaten AKWs benötigt. Was ist mit dem Zugang an dieser absolut zentralen Lage – siehe Luftbild? Wahrscheinlich haben die unteren 20 Stockwerke Parkhausfunktion. Oder ist eine direkte U-Bahn-Linie von dem nur 6km (nach Angaben der Planer) – entfernten Flughafen geplant? In Wirklichkeit ist der Flughafen 14km entfernt, die einem, je nach Tageszeit, auch mal wie 80km oder mehr vorkommen. Wer in letzter Zeit die Stadt besucht hat, weiss, dass viele Einwohner mit 4 Stunden Arbeitsweg rechnen müssen, da der Verkehr zu Stosszeiten zum erliegen kommt. Seit den Achzigern hat sich die Autozahl verfünffacht, der Strassenbau blieb leider in den Achzigern.

Allein für die Zwischenlagerung des Baumaterials und die Baugrube währe mindestens die dreifache Fläche des Turms nötig. Umgebung abreissen? Plattform bauen? Vorgefertigte Elemente direkt per Helikopter einfliegen?

In der Beschreibung des Planerbüros wird der Entwurf als “timeless” – zeitlos – gelobt. Dabei war Kult des Stararchitekten nie stärker als heute, nie war dieser weniger an der Umgebung und an der Funktionalität interessiert. Früher war für die Errichtung von Prunkbauten ein totalitärer Führer nötig, heute schafft der berühmte Architekt das im Alleingang…

Wie gut, dass uns Bukarester der Bau eines modernen urbanen Zentrums im Herzen dieser chaotischen Stadt, in welcher der Verkehr längst zum Kollaps gekommen ist, beschäftigt. In dieser Stadt, in welcher jeden Tag altehrwürdige Häuser, die der kommunistischen Abrisswut entkommen konnten und denen man in einem Land wie Deutschland sogar das Schlüsselloch unter Denkmalschutz stellen würde – abgerissen werden, um zufälligen Bauten Platz zu machen, die nicht einmal erfolgreich andere “moderne” Hochbauten in der Welt immitieren können.

Auf diese Weise kämen wir höchstens dem Image Moskaus näher, der Stadt in welcher die zahlreichen sagenhaften Neubauten nicht, wie gewollt, die Bewunderung des Westens, sondern gerade dessen Verachtung hervorrufen, wegen dem ausserordentlichen Kontrast zwischen den Baukosten und der Misere der grossen Mehrheit der Stadtbewohner.

In einem Land mit ernsthaften Infrastrukturproblemen, das zurzeit nicht imstande ist, der Mehrheit seiner Bürger eine Existenz oberhalb der Armutsgrenze zu ermöglichen, würde der Bau eines solchen Monuments alles illustrieren, was mit dem Kapitalismus schiefgelaufen ist.

Berühmte repräsentative Bauten unterscheiden sich von geschmacklosen Experimenten durch deren Authentizität. Gewiss war der Eiffelturm in Paris oder das World Trade Center in New York für seine Zeit ein avantgardistischer Bau, aber sie erfüllten ihren jeweiligen Zweck: sie wurden in Zeiten des wirtschaftlichen Erfolgs gebaut und fungierten als Symbole, der erste, der technischen Meisterhaftigkeit, der zweite, der Handelsmacht. Sie waren glaubwürdig und haben deshalb ihre Symbolfunktion im Laufe der Zeit behalten.

Wissen und Macht verpflichten. Sollten wir dies verachten, riskieren wir wohl wie die Bankiere zu enden.

Im Anhang der Text der Seite “Zaha Hadid Architects”, von der auch die Renderings stammen.

“an iconic presence in the heart of Bucharest. (…) The purity of its form – a chamfered diamond- like structure – will be a timeless, elegant landmark in the centre of Bucharest. Zaha Hadid Architect’s design concept (…) naturally expresses the changing programme of hotel, amenities, and residential apartments. The site is located in the centre of Bucharest, to the west of Piaza Romana, and approximately 6km south of the international airport. The brief called for a 100,000 square metre mixed-use development at the junction of Calea Dorobanti and St. Mihail Eminescu. The project comprises 34,000 square metres of a 5-star hotel (including restaurants and a convention centre) and 35,000 square metres of luxury apartments.(…) This public area will be unlike anything else in Bucharest, representing a major attraction within the dense urban character of the City, offering an important new meeting space and urban plaza.”

 

Dorobanti Tower, Render © Zaha Hadid Architects

hier geht’s zum LAGEPLAN auf GoogleMaps

hier geht’s zum ENTWURF auf der Seite Zaha Hadid Architects

Das Haus an der Kiseleff – Chaussée, 1900-1994

Dieses Haus in meiner alten Nachbarschaft in Bukarest hatte mich schon immer fasziniert. Heute zerfällt es jeden Tag ein wenig mehr, als wäre es von allen guten Geistern verlassen worden.

Sie sind verschwunden, die guten Geister, das Haus wurde neuen Wächtern überlassen, die es jeden Tag von innen aushöhlen, dabei lassen sie die Fassade bis zum letzten Moment stehen, damit niemand sieht, was zwischen den stolzen Mauern vorgeht. Die Möbel liegen zertrümmert auf den Zimmerböden, im Schutt der heruntergestürzten Decken, die Balken wurden mit den Decken aus den Wänden herausgerissen, man sieht durch drei Stockwerke in den Himmel… Hinten, im Raum wo früher die Feierlichkeiten stattfanden, ist die grosse Treppe auch heruntergefallen, junge Bäume wachsen dort, wo man einst tanzte, der Regen peitscht von innen auf die Scheiben und auf die Nischenwände.

Für uns hat ein neues Jahr begonnen. Ich wundere mich, wie viele Jahre dieses Haus wohl gesehen hat, mit Gästen, die an üppigen Tischen feierten, anstiessen und einander wünschten, dass ihnen das neuen Jahr all jenes bringen solle, was ihnen in den letzten Jahren enthalten wurde. Wie viele elegante Frisuren und Kleider aus edler Seide wohl hier vorbeiraschelten, wie viele intelligente Gespräche wohl in diesen Mauern erklangen, von denen jetzt der letzte Rest blaue Farbe sich zusammenrollt und ergeben abfällt. Bessere Jahre… Und schlechtere Jahre, in denen die Bewohner des Hauses die kommenden Zeiten wohl gefürchtet haben. Es folgten die Kriege, die Zeiten des Wandels.

Ich kenne die Geschichte des Hauses nicht, ich hätte gern mehr darüber erfahren. Ich möchte Bilder von besseren Zeiten sehen,in denen die Bewohner es richtig belebten. Ich wünsche mir, dass die guten Geister zurückkehren und ihre jetzigen “Besitzer” und “Wächter” mit der plötzliche Erkenntniss der Schönheit, die sie so lang schändeten, erschlagen. Ich wünsche mir, dass auch andere kleine und grosse Häuser aus Bukarest überleben, dass sie wieder ruhige Zeiten erleben, wie jene, in welchen sie aufgeblüht sind – und dass sie wieder von Leuten bewohnt werden, die sie schätzen.

hier eine Luftansicht

Weitere Artikel über dieses Haus:

Teil 2: Update

Teil 3: Bilder von früher