Das Haus an der Kiseleff – Chaussée – Bilder von früher

Sandu Sturza auf Besuch bei Oberst Radu Miclescu und dessen Frau Elsa, Ansicht vom Tennisplatz hinterm Haus

Über dieses Haus schrieb ich bereits – siehe Links unten – es wurde von einem der wichtigsten rumänischen Architekten, Ion Mincu, für den Maler G.D.Mirea entworfen. Dem letzteren ging das Geld aus, bevor der Bau beendet war. Er verkaufte das Haus, das sich in Bukarest auf der Kiseleff – Chaussée bei Nr. 33 auf einem Grundstück von 3’000m2 Fläche befindet, im Jahre 1900. (Ich weiss nicht genau, wie gross das Grundstück damals war, aber es ging weit nach hinten, bis auf die Delavrancea-Strasse. Dies ist heute nicht mehr der Fall)

 

Der Salon, 1900

Das Haus wurde vom Oberst Miclescu gekauft, ein Nachkomme einer alten adligen Familie aus der Moldau. Er baute es zu Ende und lebte hier mit seiner Mutter und seiner Frau Elsa.

Der Salon, 1900, Detail. Frau Mama

Die bedeutendsten Persönlichkeiten der Zwischenkriegszeit trafen sich hier, feierten elegante Bälle oder kamen jeden Donnerstag zum jour fixe. Ihre Namen – Cantacuzino, Brancoveanu, Sturdza, Carp, Baleanu, Bals, Greceanu, Odobescu – um nur einige zu nennen, sind heute fast aus der Welt verschwunden, es gibt sie noch in Geschichtsbüchern, als Namen der einstigen Fürsten der drei Rumänischen Länder. (Moldau, Walachei, Transylvanien)

Olga Carp

Wer erinnert sich heute noch an “Bâzu” Cantacuzino, einer der besten Flieger Rumäniens, der unter dem Triumphbogen durchflog? (Der Bukarester Triumphbogen ist ein Drittel der Grösse desjenigen in Paris – und passt somit in dessen Öffnung) Für diese waghalsige Tat wurde er aus dem Militär suspendiert, um aber sechs Monate später zurückgerufen zu werden, weil man auf ihn schlicht nicht verzichten konnte.

Sanda Ghika, George Miclescu, Yvonette Baleanu, Didi Greceanu, Dodoi Crisovelony

Finstere Jahre folgten. Ende der Vierzigerjahre besetzten die Kommunisten das Haus, dabei bemühten sie sich nicht einmal, es offiziell zu verstaatlichen.

Oberst Miclescu weigerte sich, das Haus lebend zu verlassen. Er hatte ein langes Leben und wohnte für weitere vierzig Jahre in einem Bad im Keller des Hauses, an dem er so gehangen hatte.

Dasselbe Fenster heute

1968 kam der französische Präsident Charles de Gaulle nach Bukarest. Kaum angekommen, holte er eine Liste hervor, mit Namen seiner ehemaligen Kommilitonen von der Militärschule St. Cyr und verlangte diese innert 24 Stunden zu treffen. Einige dieser Kommilitonen waren als politische Häftlinge im Zwangsarbeitslager Poarta Alba einquartiert worden (Donau-Schwarzmeer-Kanal), sie wurden geholt, anständig eingekleidet und nach Bukarest gebracht. Andere, wie Miclescu, zu einem offiziellen Empfang im Französischen Konsulat gebeten.

Der Oberst zog seine alte Uniform an, stieg die Treppe aus dem Keller in den Garten, indem er sich an einem Draht als Geländer hielt – und lief zum Empfang. Ohne eine Spur Demut zu zeigen, kletterte er danach wieder in sein Bad ins Untergeschoss hinab und lebte dort bis er über neunzig Jahre alt wurde.

Die Schwarz-Weiss-Fotos sind aus der Zeit 1930-1937. Die Farbfotos sind aktuell.

Der Hausherr

 

“Villa Miclescu”

 

Die Hausherrin

Das Fenster

Auf der Treppe

Elsa auf der Treppe

Am Ende der Treppe

Hier befand sich die Treppe..

 

Rechts war das Wohnzimmer mit der geschwungenen Treppe

Ein Winter in den ’70er Jahren

Das Fenster des Raumes, welcher Maler Mirea’s Atelier werden sollte

Die gesamte Bildergallerie mit meinen Fotos in Grossformat HIER

Meine früheren Artikel über dieses Haus:

Teil 1: Erste Begegnung

Teil 2: Update

 

 

Sibirische Holzhäuser – stiller Zerfall

Chuhloma, 550 km NO von Moskau, RusslandZwei Traditionen sind im Norden Russlands verankert:

Wegen den harten Lebensbedingungen sind die Menschen, um zu überleben, aufeinander angewiesen. So entwickelte sich eine sehr hilfsbereite und gastfreundliche Gesellschaft.

Wegen derselben harten Lebensbedingungen besteht eine alte Tradition, die Gegend mit politisch Verbannten zu kolonisieren. Diese hatten im Laufe der Zeit einen wichtigen Einfluss auf die Entwicklung der Region.

Irkutsk entstand aus einem Kosakenfort (Ostrog) im 17.Jh. Nachdem in der zweiten Hälfte des 18.Jh die Strassenverbindung zu Moskau gebaut wurde, entwickelte sich die Stadt schnell zu einem Knotenpunkt zwischen Sibirien, China und Moskau, für den Handel mit Pelz, Diamanten, Gold, Seide, Tee und Holz. Auf den wirtschaftlichen Aufschwung folgten Wissenschaft und Kultur. Von hier aus startete Bering 1728 seine erste Expedition.

Im Dezember 1825 revoltierte eine große Gruppe russischer Adliger gegen Zar Nikolaus I.. Die Revolte wurde niedergeschlagen und die so genannten Dekabristen wurden nach Sibirien verbannt und siedelten sich großteils mit ihren Familien in Irkutsk an. Die Dekabristen hatten einen immensen Einfluss auf die kulturelle Entwicklung und das Selbstverständnis der Stadt und sind auch heute noch im allgemeinen Bewusstsein sehr präsent.

Wikipedia

©vladstudio.com

“Man kann mit Bestimmtheit sagen”, schrieb der Dekabrist Nikolai Bassargin, “dass unser langwährender Aufenthalt in den verschiedensten Orten Sibiriens für die geistige Entwicklung der Einwohner gewissen Nutzen gebracht hat und die gesellschaftlichen Beziehungen um einige neue und wertvolle Gedanken bereicherte. Bedenkt man dazu noch den Einfluss, den die Entdeckung der Goldfelder, die Erfolge in Industrie und Handel ausübten, was eine grosse Anzahl tüchtiger und kluger Menschen nach Sibirien lockte, so scheint es nicht verwunderlich, dass sich in den letzten zwanzig Jahren in diesem Lande so vieles zum Besseren gewendet hat.”©

© vladstudio.com

Irkutsk, Sibirien Russland

Unter Kommunismus wurde die Industrialisierung vorangetrieben; im Rahmen der planmässigen Erschliessung der Angara-Jenissei-Region wurden in den 1950ern ein Stausee und ein Wasserkraftwerk hier gebaut. Heute ist die Stadt vor allem Verwaltungszentrum der Region, sie verlor an kultureller und wissenschaftlicher Bedeutung. Alte Häuser tauchen ab und zu zwischen den neueren Blocks und Plattenbauten auf oder zerfallen still in den umgebenden Wäldern.

© vladstudio.com

 EnglishRussia, der Blog, von dem alles begann

Der Fotoausflug im Wald bei Chuhlome hier

Satellitenbild von Irkutsk hier

Mehr Holzhäuser auf vladstudio.com

Zwölf Stühle, I.Ilf, E. Petrow – Das lustigste Buch Russlands – Eine Reise, 1928

Eine sibirische Seite mit Infos über die Dekabristen

Workcamp August 2009, 30km von Irkutsk

Sibirien © wikipedia

Feuer und Hass – Schloss Bidache, 16xx-1796

Aquitanien, Frankreich

Dieser Weg fährt nach Bidache, auf einem Hügel hinter den Bäumen erhebt sich das einst prächtige Schloss der Herzogen von Gramont.

Das Schloss steht im Norden des Dorfes, auf einem Felsvorsprung, mit Blick auf den Fluss Bidouze und auf den Napoleonweg. Eine Terrasse aus dem 18.Jh verbindet es mit dem Ort Bidache. Es gehört Antoine XIV., Herzog von Gramont. Das Schloss wurde mehrmals umgebaut. 1523 wurde es von den Truppen Charles V. unter Befehl des Prinzen von Oranien belagert und angezündet, dabei vollständig ruiniert.

In der ersten Hälfte des 16.Jh unternahm Charles de Gramont (1475-1544), Erzbischof von Bordeaux und Generalleutnant von Guyenne, umfangreiche Renovationsarbeiten.Viele Architekten, Kunsthandwerker, Bildhauer und Maler kamen für den Wiederaufbau nach Bidache.
Wichtige Zeitgenossen waren hier auf Besuch, König Charles XIX. und Katharina de Medici waren seine Gäste 1565. Der Wiederaufbau ging während dem 16.Jh. und dem gesamten 17.Jh. weiter. Unter Louis XIV empfängt Antoine III., Marschall von Gramont, den Kardinal de Mazarin in dem Schloss, dieser lobt die Treppenanlage, sie sei eine der schönsten Frankreichs.
Charles-Antoine de Gramont beginnt Anfang des 18. Jh. den Wiederaufbau der monumentalen Tore, die über den Eingang wachen. Das Schloss wurde bei der Französischen Revolution 1796 erneut in Brand gesteckt.
Seit diesem Zeitpunkt wurden mehrere Sanierungsvorhaben gestartet, bisher ohne Erfolg.
Heute ist ein ehrgeiziges Projekt zur Erhaltung und Wiederinstandsetzung des Ensembles in Vorbereitung.
Dies ist die offizielle Version der Geschichte auf der www.bidache.org – Seite.

Sommer 07 fuhren wir zufällig dran vorbei, auf dem Weg vom Atlantik zu den Grotten von Isturiz und Oxocelhaya. Die mächtige Ruine zog uns derart in ihren Bann, dass wir sofort kehrt machten und alles probierten, um hinein zu gelangen.
Schafe grasten friedlich im grossen Foyer hinter den Baustellenversperrungen. Eine Dame brachte ihre Freundin, die zu Gast aus einem anderen Teil Frankreichs war, auf einen Spaziergang bis zum Bauzaun. Auf meine Frage, wann die Sanierungsarbeiten enden würden, lachte sie und sagte, sie sei vor siebzehn Jahren ins Dorf gezogen und seither hätte sich auf dieser Baustelle nichts getan. Beim Rathaus gab man mir Bescheid, Sommer ’08 sei die Renovation fertig. Der letzte alte Seigneur von Gramont sei verarmt und stur und weigerte sich, das Schloss rechtzeitig der Gemeinde abzutreten, aber Geld für die Renovation besässe er auch keines. Inzwischen hat nicht einmal die Webseite einen Fortschritt erlebt.


Leute im Dorf erzählten, das Schloss sei ursprünglich im 10.Jh. gebaut worden. Die Seigneurs de Gramont waren seit jeher eine Diplomatenfamilie im Dienste der Französischen Krone. Einer von Ihnen war es, der nach Spanien ging, um im Namen Louis XIV. um Maria Theresias Hand anzhalten. Auf der Rückreise habe der Tross hier übernachtet, allein deshalb hatte man das Tor und die grosse Terrasse über das Tal der Bidouze gebaut, um einen grossen Ball zu Ehren des königlichen Besuches zu veranstalten.
1789 wurde das Schloss der Gemeinde abgetreten und brannte 1796 aus (französische Revolution 1788-1798). Seither liegt das stolze Gemäuer ruiniert da.

 

©www.bidache.org

Die Leute erzählten noch etwas. Das Schloss hätte einen bösen Ruf, seit einer der Gramonts seine Frau mit dem Stallmeister im Stall erwischte und den letzteren in den Armen seiner Gemahlin erschoss. Er verlor den Verstand und das Schloss brannte in derselben Nacht aus. Das war 1786. Sei dann hätte sich auf dem Gelände nichts mehr getan.
Es sei ihnen egal, was damit passiere, der Adel sei doch degeneriert und die Basken würden sich dem königlichen Frankreich und dessen Schätzen gegenüber in keiner Weise verpflichtet fühlen.

Luftansicht auf GoogleMaps hier

Rekonstruktionszeichnungen hier

Fotos der Gemeinde hier

©www.bidache.org

Das Haus an der Kiseleff – Chaussée – Update

Unnatürlich ordentliche Zerstörungsspuren

Seit dem letzten Eintrag über dieses Haus habe ich ein wenig mehr über dessen Geschichte erfahren können.

Prof. Pippidi schrieb in der Zeitschrift Dilema Veche nr. 261 vom 18. Februar 2009:

Das Haus gehörte einst dem Maler G.D. Mirea (der wahrscheinlich für die Innenbemahlung zuständig war), später dem Oberst Radu Miclescu. Es befindet sich an der Kiseleffstrasse bei Nummer 33. Der frühere grosse Garten ist heute marode und wurde, wegen der Gier des Käufers, zum Bauland bestimmt. Über die ganze dauer des Prozesses um dieses Anwesen finden nachts Arbeiten statt, die den Verfall beschleunigen. (…)

Ich hatte vernommen dass der neue Kulturminister in einem der ersten Interviews, in dem er seine Absichten erklärte, dieses Haus erwähnt hat. Dazumal hatte ich erfahren dass ofizielle Schritte für die Enteignung des Besitzers getroffen wurden. Seitdem ist lange Zeit vergangen und die Zerstörung geht weiter.

Die Fotos zeigen brutal was der Passant von der Strasse aus bloss flüchtig erblickt: das aufgeschlitzte Dach, die zertrümmerten Scheiben, die zerrütteten Gewölbe. Das Haus hatte einen Wintergarten (wie hätte er wohl gefehlt? Ein charakteristisches Element der Architektur der Zeit um 1900, dort begegneten sich die Figuren des Oscar Wilde), ein Treibhaus mit gläsernen Wänden, jetzt zertrümmert. Von allen Seiten hat eine wahnsinnige Vegetation das Haus umzingelt, jetzt schleicht sie hinein. Im Keller gab es zu Lebzeiten des alten Oberst bereits Pilze. Der Elan mit welchem sich das wilde Leben hineinwirft kann nicht beherrscht werden.

Die damaligen Besitzer, Familie Miclescu, waren genötigt gewesen, ihren gesamten Besitz ab 1948 aufzugeben, da sie als Grossgrundbesitzer verfolgt und inhaftiert wurden.

Eingerissene Decke, die Balken sind nicht morsch

Das Haus wurde nie verstaatlicht, es wurde besetzt. Trotzdem musste der rechtmässige Besitzer einen Prozess beginnen, um es zurückzugewinnen. Er verlor in den ersten zwei Instanzen. Als er abermals rekurieren wollte, erklärte man ihm, dass er aufgrund einer Gesetzesänderung unter Präsident Iliescu Risiko läuft, alles zu verlieren. Daher sah er sich gezwungen das Streitobjekt, zusammen mit einem anderen Grundstück, einem plötzlich aufgetauchten Käufer für weniger als ein Zehntel des Hauswertes zu verkaufen. Dies erfolgte zwischen 1994-1996.

Das Haus trug nach dem Erdbeben 1977 einige Schäden und wurde nie mehr richtig repariert. Im Keller wurden einige zusätzliche Stützen angebracht.

Neue Fotos mit dem aktuellen Zustand hier

Mehr Fotos sind auf diesem Blog bei Pictures zu finden

Weitere Artikel über dieses Haus:

Teil 1: Erste Begegnung

Teil 3: Bilder von früher

Wie gehen wir mit Geschichte um – Palast der Republik in Berlin, 15xx-2006

Schlossplatz um 1900

Nationaldenkmal Kaiser Wilhelm mit Schloss, 1900

16. Jh. bis 1950 – Burg und Schloss

Für die Spreeinsel in Berlin wurde im Laufe der Zeit ein harter Kampf geführt.

Kurfürst Friedrich II. Eisenzahn hatte ursprünglich darauf 1443 eine Burg errichten lassen, die die Handelswege kontrollieren sollte, welche sich auf der Spreeinsel kreuzen. 1465 wird dem mittelalterlichen Bau eine spätgotische Erasmuskappelle angefügt. Im 16. Jh. wird auf Wunsch des Kurfürsten Joachim der II. die alte Burg weitgehend abgetragen und durch einen prachtvollen Renaissancebau ersetzt.

Berliner Stadtschloss, 1685, Unbekannter Künstler

Kurfürst Friedrich der III. lässt es ab 1699 zur Königsresidenz ausbauen, zwei Jahre bevor er zum König Friedrich I. von Preussen gekürt wird. Hofbaumeister Schlüter, der den barocken Umbau vollzogen hatte, entwirft einen Münzturm an der Nordwestecke, leider muss dieser aber aus statischen Gründen 1706 wieder abgetragen werden, Schlüter wird daraufhin unehrenhaft entlassen. Er bleibt am Hofe als Bildhauer, aber das Berliner Stadtschloss wird zur Hauptresidenz der nachfolgenden Könige und Kaiser.

Luftaufnahme um 1900Nach der Novemberrevolution 1918, die Deutschland von einer konstitutionellen Monarchie in eine demokratische Republik verwandeln sollte, wird das Schloss als Museum genutzt und von unterschiedlichen wissenschaftlichen Forschungsgesellschaften gemietet.

Schlüterhof ca. 1920-30 ©

Bei einem Grossangriff auf Berlin am 3. Februar 1945 wird das Schloss getroffen und brennt zu grossen Teilen aus. Weitere Schäden werden besonders den Fassaden zum Schlossplatz bei Strassenkämpfen zwischen Deutschen Soldaten und der Roten Armee zugefügt. Dennoch ist das Schloss zu diesem Zeitpunkt in besserem Zustand als Schloss Charlottenburg im Westen der Stadt; Aussenmauern, Tragwerk und Treppentürme zeigen sich als imponierende Ruine. Der zweite Stock des Westflügels, mit dem berühmten Weissen Saal, ist weitgehend vom Feuer verschont geblieben und wird zwischen 1945 und 1948 von zahlreichen Besuchern bestaunt.

Räume wie dieser waren nach dem Krieg ehalten geblieben

Postbellum – Brache und Palast

1950 beschliesst Walter Ulbricht, Generalsekretär des ZK der SED, die Beseitigung des Stadtschlosses, da es einerseits an finanziellen Mittel für die Renovation fehlt, andererseits vor allem weil es ein “Symbol des preussischen Adels und Militarismus” darstelle. Nach Sprengung, Abriss und Schutträumung (letztere wird unter anderem durch die FDJ ausgeführt) die zwischen 7 September – 30. Dezember 1950 stattfinden, bleibt das Grundstück für 23 Jahre brach. Dabei wird es unter dem neuen Namen Marx-Engels-Platz für Kundgebungen und Aufmärsche, aber auch als Parkplatz benutzt. Bis zu diesem Zeitpunkt war noch das komplette Kellergeschoss des Stadtschlosses erhalten und wurde nun zur Hälfte für die neue Bodenwanne des Palastes entfernt.

Abriss 1950

Zwischen 1973 und 1976 wird auf der Stelle des ehemaligen Stadtschlosses der Palast der Republik errichtet. Allein der Namenswandel deutet auf Paradigmenwechsel hin. Chefentwerfer ist Heinz Graffunder, der zwischen 1976-1988 die städtebauliche Projektierung der neuen Berliner Stadtbezirke Berlin-Marzahn und Berlin-Hellersdorf leiten wird.

Der Palast der Republik bestand aus zwei massiven Aussenvolumen, welche durch einen Mittelkörper verbunden wurden. Die Aussenmasse 180 m x 85 m und die Höhe von 32m orientierten sich an den Dimensionen des benachbarten Marstalls und des Staatsratsgebäudes.

Hier zum Vergleich die Masse des Bukarester Volkspalastes (Bauzeit 1984 – 1989, heutzutage Parlamentspalast): 275 m x 235 m, Höhe 84m überirdisch, zusätzlich 15 m Kellergeschosse.

Palast der Republik, April 1976

Als Brandschutzmassnahme wurden der Stahlstruktur 5’000 Tonnen Spritzasbest aufgetragen, was einer Menge von 720 Tonnen Rohasbest entspricht. In den ’60-’70er Jahren war der Einsatz von Asbest als Dämmstoff die Standardvorgehensweise. Asbest ist ein Material mit Feuerbeständigkeit bis 1’000°C und wurde ab 1820 erst für die Bekleidung der Feuerwehrleute benutzt, dann vermehrt in der Industrie eingeführt. Von Faserzement, Dacheindeckungen und Aussenwandverkleidungen (als Eternit – wobei das heutige Eternit kein Asbest mehr enthält) wird Asbest zum Bestandteil von über 3’000 unterschiedlichen Produkten, wie Zahnpasta, Postsäcken, Synthetikfiberkleidung, Knöpfen, Elektrogeräten. Obwohl es bereits 1900 als gesundheitsschädigend erkannt und, mit der immer weiter verbreiteten Anwendung, in den ’70er Jahren offiziell als krebserzeugend bewertet, wird Asbest von einer sehr starken Lobby unterstützt, die das Benutzen des Materials als Brandschutznorm erzwingt (Schweiz). In der BRD wird Spritzasbest als erstes Asbestprodukt 1979 verboten.

Am 23 April 1976 wird nach 32 Monaten Bauzeit mit grossen Feierlichkeiten der Palast der Republik eingeweiht.

Veranstaltung im Palast, Sommer 1976 © Wikimedia Commons

Wikipedia beschreibt den Palast wie folgt:

Dem Bau des Palastes der Republik lag das Konzept eines Volksheimes oder Volkshauses zugrunde, das im 19.Jahrhundert vor allem von der sozialistischen Arbeiterbewegung verfochten und etwa in Belgien, Frankreich (Centre Georges Pompidou), den Niederlanden oder Schweden (Kulturhuset in Stockholm) zu umfangreichen Bauten führte. Vor allem in der frühen Sowjetunion wurden Kulturhäuser zu Symbolen der neuen Staatsmacht. In Deutschland bauten vor allem die Gewerkschaften solche Anlagen. In der DDR wurde die Aufgabe des Kulturhauses oder Kulturpalastes zu einer eigenständigen Richtung der Architekturtheorie. (…) Der Palast der Republik zeigte sich vor allem mit seinen umfangreichen Foyers, den Restaurants, der Bowlingbahn, aber auch mit dem Großen Saal für Veranstaltungen als Kulturpalast. Auf Grund des weitgehenden Fehlens ähnlicher Anlagen im Zentrum Ost-Berlins war ihm die Publikumsgunst sicher. (…) und aus Schweden importierter weißer Marmor machten aus diesem Bau etwas Einzigartiges.

Der kleine Saal des Palastes diente als Sitz der Volkskammer, des Parlaments der DDR. Der große Saal diente als Ort für große Kulturveranstaltungen. Er hatte die Form eines symmetrischen Sechsecks mit 67Meter Breite und 18Meter Höhe. Hubeinrichtungen ermöglichten verschiedene Höhen der Bühne für verschiedene Kongress- oder Konzertzwecke. Die Aktionsfläche war somit von 170 bis 1000m² wandelbar.

Postrevolutionem – Zweifel und Debatten

Am 19. Septembrie 1990 wird das Gebäude wegen Asbestverseuchung geschlossen, von einer Sanierung wird abgesehen. Dennoch wird zwischen 1998 und 2003 für 35 Mio.€ so entfernt, das sowohl Instandsetzung als auch Abriss möglich sind.

Infolge diverser Architekturwettbewerben mit Vorschlägen zum Umgang mit dem Schlossplatz beschliesst der Bundestag 2003 den Abriss des Palastes zu Gunsten des Humboldtforums auf Grünfläche, in welchem ein Museum der Aussereuropäischen Kulturen, eine Zentralbibliothek und die historischen Sammlungen der Humboldt – Universität untergebracht werden sollen. Die Fassaden, welche nicht auf die Spree schauen, sollen nach barockem Modell wiederaufgebaut werden. Da die Kosten des Bauvorhabens 590 Mio. € betragen, wurde eine Zwischennutzung beanstandet. Frühling 2004 begann diese unter dem Namen “Palast des Volkes”, mit Kunstausstellungen und Theaterstücke in dem Palastinnenraum, der nur noch als Rohbau besteht. Im Rahmen des Projekts “Fassadenrepublik” konnten die Besucher den teilweise gefluteten Palast in Schlauchbooten erkunden.

Am 26. Januar 2005 lässt der norwegische Künstler Lars Ramberg den Schriftzug “ZWEIFEL” in 6m – hohen, neonbeleuchteten Buchstaben anbringen. Mit seinem Projekt wollte der Künstler Diskussionen über die Zukunft des Palastes und über verloren geganene Utopien ermutigen. Am 10. Mai 2005 wurde der Schriftzug wieder abmontiert, nach einem Streit über Urheberrechtsverletzung zwischen dem Künstler und den Veranstaltern der Ausstellung ZeitSchichten – Erkennen und Erhalten – Denkmalpflege in Deutschland in Dresden, die ein Palastbild samt Schriftzug als Teil einer Installation ohne Erlaubnis oder Informieren des Künstlers verwendet hatten.

Palast des Zweifels, 2005 © Wikimedia Commons

Die Ausstellung “Fraktale” probiert mit einem weissen Raum in der Mitte des Palastes – White Cube Berlin – ein letztes Mal dem Gebäude eine neue Rolle zu etablieren. Deren Aufbau und Inhalt wurden im Dokumentarfilm AltlastPalast dokumentiert. Im Dezember 2005 wurde in Berlin eine Stiftung für den Erhalt des Palastes der Republik gegründet.

Im Sommer des Jahres 2005 diplomierte ich in Karlsruhe. Die einzige 1.0 – Note unseres Jahrgangs ging an einen Kollegen, der sein Studium im 27. Semester mit einer 5cm – dicken DIN A4 Mappe mit handgezeichnneten Vorschlägen zur Fassade des Palastes der Republik abschloss.

Proteste gegen den Abriss 2006 © Wikimedia Commons

Zum Abriss abermals Wikipedia:

Nach Terminen im Frühjahr 2005 und im Oktober 2005 wurde das Gebäude ab Februar 2006 mithilfe von fünf Kränen langsam von den beteiligten Unternehmen zurückgebaut. Von einer Sprengung des Gebäudes wurde abgesehen, weil Beschädigungen umliegender Gebäude durch den Auftrieb der Bodenwanne und das dadurch bedingte Absinken des Grundwasserspiegels befürchtet wurden. Stattdessen wurde das abgetragene Material gemessen und im gleichen Maß dann mit Wasser versetzter Sand in die Bodenwanne geleitet. Die Kellergeschosse des Palastes der Republik bleiben vollständig erhalten und sollen bei einer Neubebauung genutzt werden.

Die Abrissarbeiten sollten ursprünglich Mitte 2007 abgeschlossen sein. Im Laufe der Arbeiten wurde an mehreren Stellen zusätzlich asbesthaltiges Material festgestellt. Der Abriss verlangsamte sich dadurch deutlich. Am 2.Dezember 2008 wurde der letzte Gebäudeteil des Palastes abgerissen. Die Zusatzkosten in Höhe von bislang 9,9Mio.Euro muss der Bund übernehmen.

Nach Abschluss der Abrissarbeiten wird das Kellerbecken des Palastes mit 20.000m³ Sand aufgefüllt. Wenn diese Arbeiten wie geplant im Februar abgeschlossen sind, soll die Fläche begrünt werden, ehe im Jahr 2010 der Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses als „Humboldt-Forum“ beginnt. Auf dem direkt anschließenden Schloßplatz ist seit Oktober 2008 die „Temporäre Kunsthalle Berlin“ öffentlich zugänglich.

Insgesamt wurden 78.000t Baumaterialien abgetragen. Davon waren:

  • 56.600 t Beton
  • 19.300 t Stahl und Eisen
  • 500 t = 8.200 m² Glas
  • 600 t Ziegel und Holz
  • 1.000 t Bitumengemische, Kunststoffe und Dämmstoffe
  • 200 t besonders überwachungsbedürftige Stoffe, die wegen der Asbestanteile getrennt entsorgt werden mussten.

Das mitunter sehr wertvolle Material wurde teilweise für den Bau des derzeit höchsten Gebäudes der Welt – den Burj Dubai – nach Dubai verkauft. Teilweise wurde der Stahl auch von Volkswagen gekauft und für den Bau von Motorenblöcken im Golf VI verwendet.

Bei den Abbrucharbeiten kommen die Kellergeschosse des alten Stadtschlosses wieder zum Vorschein, 2006

ein besonderes Dokument: der Abrisskalender

eine Luftaufnahme des Grundstücks

Ansicht des Palastes, 2009 © Wikipedia Commons

Das Haus an der Kiseleff – Chaussée, 1900-1994

Dieses Haus in meiner alten Nachbarschaft in Bukarest hatte mich schon immer fasziniert. Heute zerfällt es jeden Tag ein wenig mehr, als wäre es von allen guten Geistern verlassen worden.

Sie sind verschwunden, die guten Geister, das Haus wurde neuen Wächtern überlassen, die es jeden Tag von innen aushöhlen, dabei lassen sie die Fassade bis zum letzten Moment stehen, damit niemand sieht, was zwischen den stolzen Mauern vorgeht. Die Möbel liegen zertrümmert auf den Zimmerböden, im Schutt der heruntergestürzten Decken, die Balken wurden mit den Decken aus den Wänden herausgerissen, man sieht durch drei Stockwerke in den Himmel… Hinten, im Raum wo früher die Feierlichkeiten stattfanden, ist die grosse Treppe auch heruntergefallen, junge Bäume wachsen dort, wo man einst tanzte, der Regen peitscht von innen auf die Scheiben und auf die Nischenwände.

Für uns hat ein neues Jahr begonnen. Ich wundere mich, wie viele Jahre dieses Haus wohl gesehen hat, mit Gästen, die an üppigen Tischen feierten, anstiessen und einander wünschten, dass ihnen das neuen Jahr all jenes bringen solle, was ihnen in den letzten Jahren enthalten wurde. Wie viele elegante Frisuren und Kleider aus edler Seide wohl hier vorbeiraschelten, wie viele intelligente Gespräche wohl in diesen Mauern erklangen, von denen jetzt der letzte Rest blaue Farbe sich zusammenrollt und ergeben abfällt. Bessere Jahre… Und schlechtere Jahre, in denen die Bewohner des Hauses die kommenden Zeiten wohl gefürchtet haben. Es folgten die Kriege, die Zeiten des Wandels.

Ich kenne die Geschichte des Hauses nicht, ich hätte gern mehr darüber erfahren. Ich möchte Bilder von besseren Zeiten sehen,in denen die Bewohner es richtig belebten. Ich wünsche mir, dass die guten Geister zurückkehren und ihre jetzigen “Besitzer” und “Wächter” mit der plötzliche Erkenntniss der Schönheit, die sie so lang schändeten, erschlagen. Ich wünsche mir, dass auch andere kleine und grosse Häuser aus Bukarest überleben, dass sie wieder ruhige Zeiten erleben, wie jene, in welchen sie aufgeblüht sind – und dass sie wieder von Leuten bewohnt werden, die sie schätzen.

hier eine Luftansicht

Weitere Artikel über dieses Haus:

Teil 2: Update

Teil 3: Bilder von früher